Nach dem „Bologna System“ denkt man sich dass man „ganz unkompliziert“ ins Ausland gehen könne, dort studieren könne und dann dies schließlich zu Hause angerechnet bekommt. Dies stimmt auch, nur mit unglaublich viel mehr Aufwand als es auf den ersten Blick scheint.

Um über das Erasmus+ Programm ins Ausland studieren gehen zu können benötigt man schon vor Antritt des Aufenthaltes eine sogenannte Äquivalenzliste und ein Learning Agreement.

Äquivalenzliste

Die Idee dahinter ist sinnvoll und gut: schon bevor ich eine Lehrveranstaltung im Ausland besuche frage ich bei den Entscheidungsträgern auf meiner Uni nach, ob ich diese angerechnet bekomme. Falls nicht, suche ich mir gleich eine andere, und sollte ich keine andere finden, kann ich mir diese nur als Freifach und nicht als Pflichtfach anrechnen und bin mir dessen schon vorher bewusst.

In der Praxis ist dies aber unendlich mühsam zu erstellen und hat bei mir etwa drei Stunden pro Woche (Studenten können mit 3 Semesterwochenstunden was anfangen) in Anspruch genommen, also sollte wirklich (!) nicht unterschätzt werden!

Hinweis: nachdem wir auf der BOKU eher „viele kleinere“ Prüfungen haben gilt dies eher nur für meine Universität weil man überdurchschnittlich viel zusammenstückeln muss.

Zunächst sucht man sich also die gewünschten Lehrveranstaltungen an der Partneruniversität aus, dann, beziehungsweise zeitgleich, sucht man passende an der Heimatuniversität welche man noch benötigt. Hat man diese Liste beisammen (pro Monat Aufenthalt sollen es mindestens 3 ECTS sein) kommt der mühsame Teil: man geht zu den Professoren an der Heimatuniversität, präsentiert denen die (meist spärlichen) Informationen über die hoffentlich gleichwertige Lehrveranstaltung im Ausland und bettelt dann dass die Professoren einem schon vorab per Unterschrift bestätigen, dass sie die Lehrveranstaltung in über einem Jahr auch anerkennen werden.

Wer schon aktiver Student ist und mit Professoren individuell was am Hut gehabt hat, kann sich nun ausmalen wie oft man diese treffen muss, Termine ausmachen, um weitere Informationen nachfragen muss und dergleichen. (Vorteil an der Sache: man lernt nahezu alle Professoren seines Studiums gut und individuell kennen…)

Zu allem Überdruss muss alles auf einer Liste in Original vorhanden sein, war man also schon bei drei Professoren, hat die Unterschriften bekommen, der vierte jedoch gibt sie einem nicht, so muss man die vierte Lehrveranstaltung aus dem System löschen, neu ausdrucken und die letzten drei nochmals um eine Unterschrift bitten.

Ein Trick: gleich die Liste in vielen Variationen ausdrucken und die Professoren auf allen unterschreiben lassen, so kann man am Ende die richtige Version behalten.

Zusammenfassend kann man sagen dass dieser Prozess sehr zeitaufwendig ist und wohl der größte und oft unterschätzte Vorbereitungsaufwand vor dem Aufenthalt ist. Generell sind jedoch alle Professoren sehr freundlich und verständnisvoll, der Zeitaufwand bleibt dennoch.

Learning Agreement

Hat man die Äquivalenzliste fertig und weiß welche Lehrveranstaltungen man im Ausland nun „definitiv“ belegen wird, kann man den eigentlichen Erasmus Vertrag mit der Universität abschließen, also das Learning Agreement.

Nachdem man die Unterschrift des leicht ausfindig zu machenden Fachkoordinators der eigenen Universität hat, kommt die eigentliche Herausforderung: man suche und finde den Fachkoordinator der Partneruniversität der meistens nicht der ist, der schon vorab aufgedruckt ist. Hierfür schreibt man am besten dennoch diesen an, als CC jedoch alle Erasmus-Service-Adressen welche man nur finden kann. Von irgendjemandem der sich zuständig fühlt bekommt man dann die Antwort oder dass die Email entsprechend weitergeleitet wurde, alle anderen ignorieren üblicherweise sowieso alles wofür sie nicht zuständig sind, also keine Scheu!

Die Organisation des Learning Agreements ist in erster Linie eine Vielzahl von Emails an diverse Personen im Dunstkreis der Erasmus Organisatoren. Oft wird auch keine Email beantwortet und das Learning Agreement im Zuge der Bewerbung an der Partneruniversität behandelt.

Anmerkung: für die Bewerbung an der Partneruniversität benötigt man meistens schon das Learning Agreement. Üblicherweise hat man zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht alle Informationen der Äquivalenzliste fertig, man improvisiert also und stellt eine temporäre Liste zusammen, unterschreibt sie und reicht diese ein.